Sie sind also auf der Suche nach einem Dokumentenmanagement. Herzlichen Glückwunsch! Damit haben Sie den ersten Schritt schon getan.
Die Arbeit fängt aber gerade erst an, vor allem, wenn Sie gerade noch am Anfang stehen.
Der folgende Leitfaden soll Ihnen einige Anhaltspunkte geben, worauf Sie bei der DMS Auswahl achten sollten.
1.) Überlegen Sie sich genau, was Sie mit dem DMS umsetzen möchten (heute und in Zukunft)
Eine gute Planung ist die halbe Miete – auch bei der Auswahl eines DMS. Deswegen sollten sie sich darüber im Klaren sein, was Sie mit dem System vorhaben und was Sie alles abdecken möchten. Fragen Sie unbedingt auch die Kollegen, die das DMS später nutzen sollen. Entwerfen Sie eine Liste von “Must-Have” und “Nice-To-Have” Punkten, die Ihr zukünftiges DMS erfüllen soll. Anhand dieser Liste lassen Sie sich dann von den Herstellern demonstrieren, wie deren Systeme Ihre Anforderungen umsetzen.
Wichtig: Machen Sie sich Ihre eigene individuelle Checkliste. Nur so können Sie sicher sein, dass diese wirklich die Anforderungen Ihres Unternehmens widerspiegelt. Ich erhalte oft Fragenkataloge, bei denen deutlich erkennbar ist, dass diese „lieblos“ irgendwo hergenommen wurden und den individuellen Unternehmenscharakter überhaupt nicht beachten. Das Resultat ist dann ein DMS, das wunderbar auf diese Anforderungsliste passt, aber eben nicht zu Ihrem Unternehmen.
Achten Sie auch auf zukünftige Anforderungen. Wächst das System mit Ihrer Planung?
2.) Wie ist gewährleistet, dass die Benutzer das System akzeptieren?
Denken Sie beim Anforderungskatalog für Ihr Wunsch-DMS stets an die Benutzer. Niemand akzeptiert ein System, mit dem er wesentlich mehr Arbeitsaufwand hat als zuvor. Benutzer übersehen gerne den indirekten Nutzen. Überfordern Sie beispielsweise den Benutzer nicht mit zig Metadaten-Eingabefeldern, das sorgt schnell für Unmut.
Ein DMS wird am schnellsten akzeptiert, wenn es sich nahtlos in die bestehende Arbeitsumgebung der Benutzer integriert. Im Optimalfall sogar so, dass ein Mitarbeiter gar nicht erst merkt, dass er in einem DMS arbeitet. Verzichten Sie daher, wenn möglich, auf komplexe Check-In/Check-Out Mechanismen. Wenn ein Benutzer zur Bearbeitung einer Datei fünf Extraschritte durchführen muss, wo er zuvor nur einen Doppelklick gemacht hat, wird er diesen Zusatzaufwand nur mit sehr viel Überzeugungsaufwand akzeptieren – im schlimmsten Fall gar nicht.
Lassen Sie sich also bei der DMS-Vorführung vom Hersteller zeigen, wie die Benutzer später mit dem System arbeiten. Fragen Sie sich, ob Sie selbst gerne mit dem System arbeiten würden.
3.) Wie flexibel lässt sich das System an Ihre Bedürfnisse anpassen?
Nun haben Sie sich jede Menge Gedanken gemacht. Sie haben eine Vorstellung davon, was Ihr zukünftiges DMS alles können soll und wie Sie damit Ihre internen Prozesse verbessern möchten. Lassen Sie sich demonstrieren, wie leicht sich Ihr zukünftiges DMS an genau diese Vorstellungen anpassen lässt. Es ist wichtig, dass das DMS sich an Ihr Unternehmen anpasst und nicht umgekehrt. Sonst ist der Unmut bei den Benutzern vorprogrammiert.
Prüfen Sie zudem, wie aufwändig es ist, das DMS an Ihre Bedürfnisse anzupassen. Hier stecken gerne mal jede Menge verdeckte Kosten. Jeder Hersteller wird Ihnen versprechen, dass alles möglich ist. Er sollte Ihnen aber auch genau demonstrieren können, wie Ihre Anpassungswünsche umgesetzt werden. So können Sie gleich gegensteuern, wenn es sich um komplexe Anpassungen, vielleicht sogar auf Programmebene handelt.
4.) Binden Sie Key-User mit ein. Finden Sie heraus, wo das DMS helfen kann.
Wissen Sie bereits, wo das DMS überall zum Einsatz kommen soll und in welcher Form? Falls nicht, empfehle ich Ihnen, Key-User aus den verschiedenen Abteilungen mit in die Planung einzubinden.
Fragen Sie konkret, bei welchen Vorgängen oder Tätigkeiten sie auf Dokumente warten müssen. So finden Sie heraus, an welchen Stellen der Einsatz eines DMS und somit auch die enorm beschleunigte Verfügbarkeit von digitalen Dokumenten hilfreich ist.
Key-User unterstützen Sie auch bei der Akzeptanz eines Dokumentenmanagement-Systems. Sie sind von Anfang an mit eingebunden, werden dadurch zu Verbündeten und verbreiten eine wohlwollende Stimmung bezüglich der DMS-Einführung.
5.) Reden Sie mit den Fachabteilungen
Reden Sie auch mit den jeweiligen Fachabteilungen. Fragen Sie nach deren Vorstellungen und Verbesserungsvorschlägen bezüglich eines DMS. Von diesen „internen Beratern“ werden Sie weitaus mehr hilfreiche Informationen erhalten, als wenn Sie einen externen Unternehmensberater beauftragen.
6.) Alles aus einer Hand
Liefert Ihr zukünftiger DMS-Hersteller alle Funktionen, die Sie benötigen, aus einer Hand? Oder werden Funktionsbestandteile durch Partnerfirmen zugekauft? Je mehr Funktionen aus einer Hand angeboten werden, desto besser für Sie – oder wollen Sie bei Problemen im laufenden Betrieb mit unterschiedlichen Ansprechpartnern herumdiskutieren müssen, weil jeder die Schuld auf einen anderen schiebt?
Noch ein Vorteil: Wenn ein Hersteller sämtliche DMS-Funktionen aus einer Hand bietet, sind sie in der Regel weitaus besser integriert. Zudem kann der Hersteller besser und flexibler auf Ihre Bedürfnisse eingehen.
7.) Wie gut integriert sich das System in Ihre IT Landschaft?
Sie haben sicherlich noch einige andere Systeme in Ihrem Unternehmen im Einsatz. Sei es eine Benutzerverwaltung, Mailserver, ein ERP- oder Warenwirtschaftssystem, …
Den besten Nutzen holen Sie aus einem DMS heraus, wenn es sich nahtlos in Ihre IT-Umgebung integriert. Achten Sie daher bei der Auswahl darauf, dass Ihr Wunsch-DMS über ausreichend Schnittstellen zu Ihren Systemen verfügt. Denken Sie dabei auch an Schnittstellen, die es Ihnen ermöglichen, programmtechnisch mit dem System zu reden (Stichwort API).
Ein DMS ist in der Regel ein sehr zentraler Bestandteil in einem Unternehmen und sollte nicht als Insellösung betrachtet und betrieben werden.
8.) Ist das System ergonomisch bedienbar?
Machen Sie den Selbsttest: Würden Sie mit dem DMS, das Ihnen gerade vom Hersteller demonstriert wird, gerne arbeiten? Macht es Spaß? Wirkt die Bedienung flüssig, selbsterklärend und ergonomisch? Bedenken Sie: Wenn Ihre Benutzer Schwierigkeiten haben, damit zu arbeiten, wird das wieder auf Sie zurückfallen. Sei es durch Boykottierung oder in Form von Supportfällen.
Das DMS soll den Arbeitsalltag erleichtern und nicht erschweren.
9.) Deckt das System die notwendigen rechtlichen Vorgaben ab?
Wenn Sie gerade bei der Auswahl einer DMS-Lösung sind, haben Sie sicherlich schon von den rechtlichen Vorgaben gehört, bzw. suchen gerade auch deswegen nach einem passenden DMS. Stichwort hierbei sind: revisionssichere Ablage/Archivierung, papierloses Büro, Entsorgen von Papier-Originalen, GoB, GDPdU, …
Erstens:
Lassen Sie sich nicht von den Herstellern verwirren. Hier herrscht teilweise ein unglaublicher Informationsmissstand. Vermutlich können Sie 10 Hersteller fragen und Sie erhalten 10 unterschiedliche Antworten.
Zweitens:
Fakt ist, ein DMS kann für die genannten rechtlichen Vorgaben nicht zertifiziert sein. Wenn Ihnen ein Hersteller das verspricht, dann meint er höchstens, im Rahmen einer ganz bestimmten Umgebung und bestimmten Bedingungen – und das ist dann “Marketing”. Zur Erfüllung rechtlicher Vorgaben gehört weitaus mehr als nur der Einsatz eines Dokumentenmanagement-Systems. Sie müssen beispielsweise eine Verfahrensanweisung für Ihr Unternehmen entwerfen und sicherstellen, dass die vorgegebenen Prozesse diesbezüglich eingehalten werden. Das im Detail zu vermitteln würde den Rahmen dieses Artikels sprengen.
Wichtig für Sie ist, bei der Auswahl des DMS, dass Sie darauf achten, dass die gewünschten rechtlichen Vorgaben mit dem System umgesetzt werden können – also grundsätzlich die Vorgaben erfüllt. Lassen Sie sich die Schritte erläutern, die notwendig sind. Dann erfahren Sie auch einiges über die Kompetenz des Herstellers.
10.) Wie offen ist das System? Kommen Sie jederzeit an die Daten ran?
Zu guter Letzt ein wichtiger, aber gerne vernachlässigter Punkt, da dieser anfangs keine große Rolle zu spielen scheint.
Nehmen wir an, Sie stellen nach einiger Zeit fest, dass das von Ihnen eingesetzte DMS nicht mehr ganz Ihren Anforderungen genügt. Wie kommen Sie nun an die mühsam eingepflegten Daten ran? Wie gestaltet sich ein Export und Import in ein anderes System?
Fragen Sie den jeweiligen Hersteller ruhig kritisch danach. Der wird zwar nicht so begeistert sein – wer redet schon gerne am Anfang über eine Exit-Strategie ? Lassen Sie sich trotzdem nicht mit lapidaren Antworten abspeisen. “Das geht dann schon, wenn es notwendig wird…” kann sie im Ernstfall teuer zu stehen kommen. Auch hier gilt: Lieber vorher genau demonstrieren lassen als hinterher auf die Nase fallen.